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Zusammengesetzte Funktionen

Stell dir vor, du arbeitest in einer Fabrik. Ein Rohstoff durchläuft zwei Maschinen nacheinander. Die erste Maschine formt das Material. Die zweite veredelt das Ergebnis der ersten. Das Endprodukt hängt von beiden Maschinen ab – und von der Reihenfolge.

Genau so funktioniert das Verketten von Funktionen in der Mathematik. Eine Funktion verarbeitet eine Eingabe. Ihr Ergebnis wird sofort zur Eingabe der nächsten Funktion. Dieses Prinzip nennt man Komposition oder Verkettung.

Im Alltag begegnest du diesem Konzept ständig. Du rechnest einen Preis in Euro um und addierst dann die Mehrwertsteuer. Oder du verdoppelst eine Strecke und rechnest sie anschliessend in Kilometer um. Zwei Schritte, die aufeinander aufbauen.

Bei zusammengesetzten Funktionen steckst du das Ergebnis einer Funktion direkt in eine andere Funktion. Die innere Funktion wird zuerst ausgewertet. Ihr Resultat dient als Eingabe für die äussere Funktion.

Denke an die Fabrik zurück. Die erste Maschine ist die innere Funktion. Die zweite Maschine ist die äussere Funktion. Das Rohmaterial durchläuft erst Maschine 1, dann Maschine 2.

DEFINITION

Die Verkettung (Komposition) zweier Funktionen ff und gg schreibt man als:

(fg)(x)=f(g(x))(f \circ g)(x) = f(g(x))

Dabei wird zuerst g(x)g(x) berechnet. Das Ergebnis wird dann in ff eingesetzt.

Der Kreis \circ ist das Symbol für die Verkettung. Man liest fgf \circ g als “f nach g” oder “f von g”. Die Reihenfolge ist entscheidend: Rechts steht die Funktion, die zuerst angewendet wird.

Zeichne zwei Boxen nebeneinander. Die rechte Box ist gg, die linke Box ist ff. Ein Wert xx geht in die rechte Box hinein. Heraus kommt g(x)g(x). Dieses Ergebnis fliesst direkt in die linke Box. Am Ende erhältst du f(g(x))f(g(x)).

Du kannst dir auch eine Kette vorstellen. Das xx ist das erste Glied. Es wird durch gg zum zweiten Glied transformiert. Dieses zweite Glied wird durch ff zum dritten Glied – dem Endergebnis.

So berechnest du (fg)(x)(f \circ g)(x):

  1. Identifiziere die innere Funktion gg und die äussere Funktion ff.
  2. Setze den Wert xx in die innere Funktion gg ein.
  3. Berechne g(x)g(x) vollständig.
  4. Nimm das Ergebnis aus Schritt 3 und setze es in ff ein.
  5. Berechne f(g(x))f(g(x)) – das ist dein Endergebnis.

Bei algebraischen Ausdrücken ersetzt du in der äusseren Funktion jedes xx durch den gesamten Ausdruck der inneren Funktion. Klammern nicht vergessen!

Achtung: Die Reihenfolge zählt!

fgf \circ g ist in der Regel nicht dasselbe wie gfg \circ f. Die Verkettung ist nicht kommutativ!

Beispiel mit f(x)=x2f(x) = x^2 und g(x)=x+1g(x) = x + 1:

  • (fg)(x)=f(g(x))=(x+1)2(f \circ g)(x) = f(g(x)) = (x + 1)^2
  • (gf)(x)=g(f(x))=x2+1(g \circ f)(x) = g(f(x)) = x^2 + 1

Das sind zwei verschiedene Funktionen! Achte immer genau darauf, welche Funktion innen und welche aussen steht.

Bei zusammengesetzten Funktionen musst du den Definitionsbereich besonders beachten. Zwei Bedingungen müssen erfüllt sein:

  1. Der Wert xx muss im Definitionsbereich von gg liegen.
  2. Das Ergebnis g(x)g(x) muss im Definitionsbereich von ff liegen.

Nur wenn beide Bedingungen erfüllt sind, ist (fg)(x)(f \circ g)(x) definiert.

Beispiel:

Gegeben sind f(x)=2x+3f(x) = 2x + 3 und g(x)=x1g(x) = x - 1.

Berechne (fg)(4)(f \circ g)(4).

Lösung:

Schritt 1: Berechne zuerst g(4)g(4).

g(4)=41=3g(4) = 4 - 1 = 3

Schritt 2: Setze das Ergebnis in ff ein.

f(g(4))=f(3)=23+3=6+3=9f(g(4)) = f(3) = 2 \cdot 3 + 3 = 6 + 3 = 9

Ergebnis: (fg)(4)=9(f \circ g)(4) = 9

Beispiel:

Gegeben sind f(x)=x2f(x) = x^2 und g(x)=3x2g(x) = 3x - 2.

Bestimme den Funktionsterm von (fg)(x)(f \circ g)(x).

Lösung:

Bei der Verkettung fgf \circ g ist gg die innere Funktion. Du ersetzt in f(x)=x2f(x) = x^2 jedes xx durch g(x)=3x2g(x) = 3x - 2.

(fg)(x)=f(g(x))=f(3x2)=(3x2)2(f \circ g)(x) = f(g(x)) = f(3x - 2) = (3x - 2)^2

Ausmultiplizieren mit der binomischen Formel:

(3x2)2=9x212x+4(3x - 2)^2 = 9x^2 - 12x + 4

Ergebnis: (fg)(x)=9x212x+4(f \circ g)(x) = 9x^2 - 12x + 4

Zur Kontrolle: Berechne (fg)(1)(f \circ g)(1) auf beide Arten.

  • Direkt: g(1)=1g(1) = 1, dann f(1)=1f(1) = 1
  • Mit Formel: 91121+4=19 \cdot 1 - 12 \cdot 1 + 4 = 1
Beispiel:

Ein Online-Shop bietet 20% Rabatt auf alle Artikel. Zusätzlich gibt es einen Gutschein über 10 CHF Abzug.

Die Rabattfunktion ist r(p)=0,8pr(p) = 0{,}8 \cdot p (80% des Preises). Die Gutscheinfunktion ist g(p)=p10g(p) = p - 10.

Ein Artikel kostet 80 CHF. Berechne den Endpreis, wenn: a) Zuerst der Rabatt und dann der Gutschein angewendet wird. b) Zuerst der Gutschein und dann der Rabatt angewendet wird.

Lösung:

a) Erst Rabatt, dann Gutschein: (gr)(80)(g \circ r)(80)

r(80)=0,880=64r(80) = 0{,}8 \cdot 80 = 64

g(64)=6410=54g(64) = 64 - 10 = 54

Endpreis: 54 CHF

b) Erst Gutschein, dann Rabatt: (rg)(80)(r \circ g)(80)

g(80)=8010=70g(80) = 80 - 10 = 70

r(70)=0,870=56r(70) = 0{,}8 \cdot 70 = 56

Endpreis: 56 CHF

Erkenntnis: Die Reihenfolge macht einen Unterschied von 2 CHF! Bei Rabatten lohnt es sich, zuerst den prozentualen Rabatt anzuwenden.

Zusammengesetzte Funktionen kombinieren zwei Funktionen zu einer neuen. Die innere Funktion wird zuerst ausgewertet. Ihr Ergebnis fliesst in die äussere Funktion.

Die Schreibweise (fg)(x)=f(g(x))(f \circ g)(x) = f(g(x)) zeigt: gg kommt zuerst, obwohl ff links steht. Die Reihenfolge ist nicht vertauschbar. Der Definitionsbereich ergibt sich aus beiden Funktionen gemeinsam.

Mit etwas Übung wirst du Verkettungen schnell erkennen und berechnen können. Sie sind ein mächtiges Werkzeug für komplexere mathematische Zusammenhänge.

❓ Frage: Gegeben: f(x)=x+5f(x) = x + 5 und g(x)=2xg(x) = 2x. Berechne (fg)(3)(f \circ g)(3).
Lösung anzeigen

Zuerst g(3)=23=6g(3) = 2 \cdot 3 = 6.

Dann f(6)=6+5=11f(6) = 6 + 5 = 11.

Lösung: (fg)(3)=11(f \circ g)(3) = 11

❓ Frage: Gegeben: f(x)=x2f(x) = x^2 und g(x)=x+1g(x) = x + 1. Wie lautet (gf)(x)(g \circ f)(x) als Funktionsterm?
Lösung anzeigen

Bei gfg \circ f ist ff die innere Funktion.

(gf)(x)=g(f(x))=g(x2)=x2+1(g \circ f)(x) = g(f(x)) = g(x^2) = x^2 + 1

Lösung: (gf)(x)=x2+1(g \circ f)(x) = x^2 + 1

❓ Frage: Sind fgf \circ g und gfg \circ f immer gleich? Begründe kurz.
Lösung anzeigen

Nein, die Verkettung ist nicht kommutativ.

Gegenbeispiel: f(x)=x2f(x) = x^2, g(x)=x+1g(x) = x + 1

(fg)(x)=(x+1)2=x2+2x+1(f \circ g)(x) = (x + 1)^2 = x^2 + 2x + 1

(gf)(x)=x2+1(g \circ f)(x) = x^2 + 1

Diese beiden Terme sind verschieden.